Der eigene Schweiss stinkt uns selbst meist nicht!

Als ich in meiner Studentenzeit – das Rauchen war damals in Restaurants noch erlaubt – nachts mit Freunden in unserer Stammkneipe sass, konnten wir stundenlang im Nebel, in der dicken Luft sitzen und merkten es nicht. Erst wenn ich an die frische Luft ging, merkte ich den Unterschied. Manchmal war der richtig krass. Wenn ich dann zurück wollte in den Raum zu den Freunden, war es, als würde ich gegen eine Wand laufen. Manchmal war ich richtig irritiert über diesen starken Unterschied und konnte mich nur wundern, dass ich es nicht in den Stunden davor schon gemerkt hatte. Dass es mich scheinbar nicht nur nicht störte, sondern doch die Stimmung so grossartig war.

Im Laufe meines neugierigen Lebens habe ich viele Seminare besucht. Auch Workshops und Trainings, bei denen es, wie man so sagt, ans Eingemachte ging. Bei vielen dieser Prozesse dünsten Menschen stark aus. Entgiften. Und auch das kann stinken. Solange wir im Seminar zusammen arbeiteten, merkten wir den intensiven Geruch nicht. Wir konnten uns sogar in den Armen liegen, ohne es zu riechen. Doch hatte man einmal den Raum verlassen, war es fast unmöglich, ihn wieder zu betreten. Jedenfalls kostete es dann arge Überwindung.

Ist es dir schon einmal passiert, dass du im Restaurant von einem Ober bedient wurdest, der wohl schon intensiv geschwitzt hatte, oder sein «Nylon»-Hemd nicht gewaschen hatte und es intensivst stank, wenn er das Essen an dir vorbei einem Tischnachbarn reichte? Unangenehm, sehr unangenehm. Ist der Ober so rücksichtslos?

Wir alle haben die Erfahrung gemacht, dass wir in einer Situation waren, die einem dieser Beispiele entspricht. Während wir drin sind, ob als Student, als Seminarteilnehmer oder Ober, merken wir nicht, wie es stinkt. Erst wenn wir den Unterschied krass vorgeführt bekommen, merken wir es.

Manchmal muss uns erst ein Verlust zeigen, dass wir etwas nicht genug wertgeschätzt haben. Luft ist immer um uns herum – sie ist so selbstverständlich, dass wir kaum Dankbarkeit dafür empfinden.

So oder so: Biste drin, bist du oft nicht gewahr, was wirklich ist. «Was weiss der Fisch von dem Wasser, in dem er schwimmt?» ist eine bekannte Frage. Wenn wir nicht wissen, dass wir in einem Gefängnis sitzen, können wir nicht entfliehen. Oder anders ausgedrückt, der glückliche Sklave wird kaum für seine Freiheit eintreten, weil er den Unterschied nicht kennt.

Wo akzeptieren wir den eigenen aktuellen Zustand? Nehmen ihn hin?

Sollten wir uns nicht regelmässig trauen, uns, das heißt unser Leben, unsere Gewohnheiten, unsere Kleidung, unsere Wohnung, unsere Beziehungen, unsere berufliche Tätigkeit in Frage zu stellen? Nicht unbedingt, um alles total zu ändern. Doch mit etwas mehr Achtsamkeit, mehr Wertschätzung oder mit etwas mehr frischer Luft, kann das Leben schon eine deutlich bessere Lebensqualität bekommen.

Im Business macht man das schon eher und verbessert sich ständig. Warum nicht im sogenannten privaten Leben? Ist es dort nicht viel wichtiger?

Ich wünsche dir viel frischen Wind!

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