„Leitwolf“ neu definiert – Keeping it real!

wolves-meme-fakeSeit Jahren macht der nebenstehende Post bei Facebook & Co die Runde. Das Foto zeigt ein Wolfsrudel, das laut Beschreibung von drei alten oder kranken Wölfen geleitet wird, während das Alpha-Tier von hinten das Rudel führt. Der Tenor: „Das Rudel folgt dem Rhythmus der Alten“ und „Spirit der gegenseitigen Hilfe, damit keiner zurückbleibt.“ Tausende, vielleicht Millionen Male wurde und wird es geteilt. Leider hat die Sache aber einen Haken. Das Foto ist zwar echt, aber die Beschreibung ist reine Fantasie. Irgendwer machte sich den Spaß und dachte sich eine Geschichte zu dem Foto aus. Und weil sie so schön war und Emotionen weckte, wurden Foto plus Text „viral.“

Auch ich bin zunächst drauf hereingefallen! Das Bild hatte es mir vielleicht deshalb so angetan, weil es genau das leistete, was mir so wichtig ist: etablierte Ideen auf den Kopf zu stellen. Siehe dazu auch mein Beitrag Die 180-Grad-Denke oder auch den Artikel Was hat ein Römischer Pferde-Arsch mit dem Space Shuttle zu tun?, in dem es darum ging, dass wir oft in Paradigmen festhängen, die nicht der Wahrheit entsprechen aber uns trotzdem beeinflussen.

Eines dieser Paradigmen ist das des „Leitwolfs,“ also die Idee, dass es für Wolfsrudel – oder für Teams oder Firmen – einen Anführer geben muss, der sich seine Position erkämpft. Dieses Paradigma ist nicht mehr nur von gestern. Es ist von vor-vor-vorgestern.

Das Originalfoto von Chadden Hunter wurde in der BBC-Reportage The Frozen Planet gezeigt und zeigt ein Rudel von 25 Grauwölfen, das vom Alpha-Weibchen angeführt wird. Es sind also weder die vorderen Wölfe besonders alt oder krank, noch ist der letzte Wolf das Alpha-Tier.

Aber auch das ist noch nicht die ganze Wahrheit, denn auch den klassischen „Alpha-Wolf“ gibt es nicht! In den 60er Jahren hat der Biologe L. David Mech das Wort geprägt, als er herausfand, dass Rudel von den Wölfen angeführt werden, die sich nach oben kämpfen. Später aber wurde ihm klar, dass seine Beobachtung nur für Wölfe in Gefangenschaft gilt. Seitdem versucht er, das Missverständnis aufzuklären. Aber die Geister, die er rief, wird er nun nicht los. Das Bild vom „Alpha-Wolf“ war und ist für so viele anziehend, dass es sich verfestigt hat. (Lesen Sie dazu auch Wölfisch für Hundehalter von Günther Bloch und Elli Radinger).

Und nicht nur in der Natur – auch bei den Menschen (die oft weit von ihrer echten Natur entfernt sind) – hat das Paradigma des Alpha-Tiers nichts mit der Wahrheit zu tun. Wieso sonst gibt es Tausende von Managern, die über „Burn-Out“ klagen? Irgendetwas kann nicht stimmen am Alpha-Wolf-Management.

Der liebevolle Leit-Wolf als Muster für Führung im Business

Wenn aber nicht der Alpha-Wolf, wer führt denn ein Rudel? Tatsächlich ist das Rudel ist nichts anderes als eine Familie, geführt von den Eltern und gefolgt von Ihren Kindern. Die Eltern sorgen dafür, dass die Kinder lernen, wachsen, und irgendwann selbständig werden und ihren Weg selbst finden.

Diagramm 1: Alte Führung.Das klassische Modell der Führung (Siehe Diagramm 1) funktioniert schon lange nicht mehr. Wer will schon in einem Unternehmen arbeiten, in dem der Patriarch über alles entscheidet und alle folgen müssen? Moderne Führung funktioniert andersherum: Die Inhaber oder CEOs haben nicht automatisch das Sagen, sondern diejenigen, die die Fachkompetenz dort haben, wo es gilt zu arbeiten. Die Chefs sind eher wie Eltern und sorgen dafür, dass die Mitarbeiter wachsen. Ich empfehle hier sehr das Buch How Google Works, in dem Eric Schmidt – ehemaliger CEO und heute Vorstandsvorsitzender – beschreibt, was er alles umdenken musste, um von klassischer „Chef-Führung“ zur modernen Führung zu gelangen.

Den letzten Kick gegeben hat mir ein Buch von Jesper Juul: Leitwölfe sein – Liebevolle Führung in der Familie. Juul sagt, dass „die Anerkennung der Würde des jeweils Anderen zum Wohlergehen der Familie hauptsächlich beitragen.“ Das ist etwas, das mir schon immer am Herzen liegt: Wie kommen Menschen, wie kommen Kinder in ihre Kraft? Wie können Äpfel richtige Äpfel werden, auch wenn sie in einer Birnenfamilie geboren wurden? Das sind die Prinzipien, die in der Führung durch einen Leit-(und nicht etwa einen Alpha-)Wolf geleistet werden.

In Führung sein

Diagramm 2: Neue FührungEs geht darum: Wer in Führung sein will, ganz gleich ob es ein Selbständiger ohne Angestellte ist (denn dann muss er sich selbst führen), oder ob es ein Unternehmer ist, dann geht es darum, genau diese Prinzipien anzuwenden, um liebevoll wunderbare Resultate zu erreichen. (Siehe Diagramm 2.) Die Harvard Business School sagt dazu: “Leadership is about making others better as a result of your presence and making sure that impact lasts in your absence.” — Klingt das nicht ganz ähnlich wie das, was Eltern – oder Wölfe – tun, wenn sie ihr Rudel großziehen?

Also: Lass andere durch deine purpose-volle und wertebasierte Präsenz wachsen. Stelle sicher, dass dein Einfluss auch dann weiter besteht, wenn Mitarbeiter auf sich selbst gestellt sind. Dann wirst du zum liebevollen Leitwolf – einem Führungs-Modell, das sich seit Urzeiten bewährt hat. Dann beginnst du auch langsam zu verstehen, dass es keine Delegation gibt: Jeder lernt seinen Platz verantwortungsvoll selbst auszufüllen.

In unserem Seminar Seelenpower und dem Prime-Coaching lernst du, wie du dies für dich und dein Unternehmen möglich machst.

 

Herzlichst
Wolf-gang Sonnenburg
winning for life

Previous post
Die 180-Grad-Denke
Next post
„Wie dringend ist das überhaupt?“ – Aktuelle Interviews