Martin Luthers Parkticket

Keinem wird es entgangen sein: In diesem Jahr wurde der fünfhunderste Jahrestag der Publikation von Luthers Thesen gefeiert. So wichtig war er für unsere Regierung, dass der Reformationstag dieses eine Mal sogar zum bundesweiten Feiertag erhoben wurde. Denn was sollen wir von Luther lernen? Dass die Moral sich erfolgreich gegen die größten Mächte auflehnen kann.

Der Ablasshandel der Kirche befeuerte diesen Protest, und schuf den Protestantismus. Wie bequem es doch war, sündigen zu können und sich dann gegen eine Zahlung von aller Schuld reinzuwaschen! Und auch für die Kirche war es bequem: Bedruckte Zettel zu verkaufen ist ein einfacher Weg, Geld zu „machen.“

Und … was ist seitdem geschehen? Nun, eines ist klar: den Ablasshandel haben wir nicht abgeschafft. Ganz im Gegenteil, er ist zum Normalfall geworden. Im Parkverbot zu parken ist für viele eine rechnerische Abwägung: Sich in ein Parkhaus quälen und dann zu Fuß zum Termin, oder einfach direkt auf der Straße parken? Kostet doch nur 15 Euro. Oder: 60 km/h in der 30er-Zone zu fahren, um schneller zum Termin zu kommen? Ach, das sind doch nur ein paar Euro, also: Fuß aufs Gas! Ganz zu schweigen vom Ablasshandel vor Gericht oder in der Politik.

Geld entschuldigt doch fast alles, nicht wahr? Sündige, dann bezahle, und alles ist wieder gut. – Das ist der moderne Ablasshandel, den wir alle kreiert haben. Nur dass die Kirche nicht mehr ganz so deutlich mit von der Partie ist wie damals.

Auf die Intention kommt es an!

Ich sprach kürzlich mit Rupert Sheldrake, der über morphogenetische Felder forscht, und er sagte, die Oberfläche eines Verhaltens ist uninteressant. Wichtig ist allein die zugrunde liegende Intention. Wer also mit einem Ablassbrief, oder einem in Kauf genommenen Parkticket seine Schuld reinwaschen will, lügt sich von vornherein in die Tasche. Es ist, als würde Ihnen im Kaufhaus jemand auf den Fuß treten, dann einfach weitergehen und nur „entschuldigung“ murmeln. (Siehe dazu auch meinen Artikel Schluss mit dem inflationären Entschuldigen!)

Wollen wir in einer solchen Welt leben? In einer Welt, in der Eltern prügeln und quälen und dann sagen, hier hast du mehr Taschengeld, und alles ist gut? Eine Welt, in der Mismanagement und Mobbing mit Gehaltserhöhungen „ausgeglichen“ werden?

Auf manchen Toiletten hängt ein Schild: „Verlasse diesen Ort so, wie Du ihn vorfinden willst.“ Wie könnte unser Leben sein, wenn wir uns diesen Spruch für unser tägliches Leben vornehmen würden?

Wie schön ist es doch, morgens aufzuwachen und zu wissen: Ich lebe in einem Land, in dem Frieden herrscht. Oder Menschen zu haben, die einen lieben. Oder Kollegen, mit denen ich gemeinsam an einer besseren Lösung arbeiten kann – und nicht am Ego.

Also: Lasst ab vom Ego – die Seele wird sich freuen, und die Welt mit ihr!

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